Tabula Peutingeriana
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Alltag in Novaesium
von Michael Gechter
I. Landwirtschaft - Nahrungsmittel V. Bekleidung
II. Eßgewohnheiten VI. Tracht und Sozialstruktur
III. Wohnungen VII. Literatur und Verweise
IV. Handwerk und Alltag    

Wohnungen


Auch im Wohnraum zeigen sich die sozialen Unterschiede deutlich. Neben den Wohnungen der Kommandanten und Stabsoffiziere einer Legion, die in größeren Gebäuden mit relativ viel Räumen und einem Innenhof (atrium) wohnten, kennen wir die Wohngebäude der einzelnen Offiziere der Kohorten und Centurien sowie die der Soldaten. Während der Legionskommandant ein großes Gebäude von ca. 6400 qm Grundfläche sein eigen nannte, waren seine Stabsoffiziere in Gebäuden von ca. 900 qm Grundfläche untergebracht. Die Offiziere der einzelnen Centurien hatten 300 qm zur Verfügung. Im Gegensatz dazu mußten sich acht Legionssoldaten eine Grundfläche von ca. 50 qm teilen, wobei der Schlafraum gerade 20 qm maß. Wenn diese Zahlen schon sehr gering erscheinen, so hatten die Soldaten und Offiziere von Auxiliareinheiten noch weniger Platz. Einem Auxiliarcenturio standen nur ca. 150 qm zur Verfügung und acht Soldaten einer Auxiliareinheit mußten sich mit ca. 30-40 qm Grundfläche zufrieden geben. Man sieht also hier sehr deutlich, daß sich beim Militär die Ranghöhe auch im Wohnraum stark widerspiegelte. Man muß dabei natürlich berücksichtigen, daß von den Centurionen an aufwärts auch deren Personal mit in den Gebäuden wohnte. Je mehr Personal ein einzelner Offizier hatte, um so enger wurde es. Die Kommandantenwohnhäuser sind baulich sehr gut zu differenzieren. Neben einem Atrium mit Garten haben wir Räume, die der öffentlichen Präsentation dienten. Dazu kommt ein innerer Gebäudeteil, wo sich der Kommandant zurückziehen konnte. Daneben gibt es einen Küchen- und einen Badetrakt sowie die Kammern der Bediensteten. Im kleineren Maßstab ist diese Aufteilung auch für die Gebäude der Stabsoffiziere anzunehmen.

So aufwendig die Räumlichkeiten waren, so primitiv waren im l. und auch noch im 2. Jahrhundert die Heizmöglichkeiten. Aus dieser Zeit haben wir kaum Hinweise auf die so vielgerühmten römischen Fußboden- und Wandheizungen. In den Lagern gibt es diese Art der Wärmeversorgung erst ab Mitte des 2. Jahrhunderts n.Chr. Die Heizmöglichkeiten bestanden entweder aus einem auf dem Lehmfußboden entfachten Feuer oder aus einer mit Ziegeln gesetzten offenen Feuerstelle.

Ähnlich einfach waren Ausstattung und Raumaufteilung in den meist rechteckigen Gebäuden der Lagervorstädte, die in der Regel eine Grundfläche von ca. 200 qm besaßen. Neben einem großen Raum, in dem sich das tägliche Leben abspielte, befanden sich mehrere einzelne kleine Kammern sowie die Toilette und Küche. Wenn eine Werkstatt oder ein Handwerk betrieben wurde, fand dies meist in dem größeren Raum statt. Stallungen und Schuppen befanden sich in dem hinteren Teil des Grundstücks.

Die Kasernen der Soldaten und die Gebäude in den Lagervorstädten waren vom l. bis ins 3. Jahrhundert einfache Fachwerkgebäude mit auf Steinsockeln aufgelegten Schwellbalken. Die Offiziersgebäude waren dagegen aus Stein errichtet. Dementsprechend war auch die Fassade dieser Gebäude durch diverse Schmuckelemente gegliedert. Sie waren innen mit Wandmalerei und teilweise mit Fußbodenmosaiken ausgestattet, während die Soldatenunterkünfte meist nur weiß gekalkt waren. Die Innenwände der Gebäude der Lagervorstädte waren kaum bemalt, bis auf die Kneipen, die schon zur Animation der Gäste mit entsprechenden Sprüchen und auch Darstellungen bemalt sein mußten. Im Vergleich zum Lebensstandard der Bewohner des Mittelmeerraumes lebten die Soldaten und die Bevölkerung am Niederrhein relativ primitiv. In einem Lager wie Neuss und seiner Lagervorstadt gab es zwar für die Soldaten ein Gemeinschaftsbad, aber für die Einwohner war dies schon ein großer Luxus. Die Toiletten waren »Häuschen mit Herz«, wie wir sie heute nennen würden, über Kloakengruben. Im Lager gab es durchaus Latrinen mit Wasserspülung, aber diese waren eben nur für die Soldaten da.

Schränke zur Aufbewahrung von Gegenständen gab es kaum. Meistens wurde alles in Erdlöchern, die teilweise mit Holz verschalt und mit einem Deckel versehen waren, aufbewahrt. In einige dieser Keller konnte man über eine Treppe gelangen, die meisten waren allerdings so flach, daß man in sie hineinlangen konnte. Manchmal ist es für den Archäologen möglich, anhand des Inventars eines solchen Holzkellers festzustellen, wie der Raum darüber genutzt wurde. Der ehemalige Zweck dieser kleinen Keller kann heute noch aufgrund der in ihnen gefundenen Gegenstände bestimmt werden: Vorratsgefäße und Handmühlen weisen auf eine Speisekammer hin, feineres Geschirr auf den Tafelgeschirrschrank, Kochtöpfe und Mörser auf den Küchengeschirrschrank.

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