Tabula Peutingeriana
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Römisches Militär am Niederrhein
von Michael Gechter
I. Das kaiserzeitliche Heer V. Logistik
II. Das spätantike Heer VI. Bauten des Heeres
III. Bewaffnung und Ausrüstung VII. Sozialstruktur des Heeres
IV. Sold und Auszeichnungen VIII. Literatur und Verweise

Bauten des Heeres


Lagerbauten

Idealrekonstruktion eines Legionslagers
[Voll-Ansicht (49 KB)]
Die Lager der römischen Armee der Kaiserzeit waren zum großen Teil im Grundriß identisch. Sie bestanden aus den Kasernen der Soldaten, dem Verwaltungsbau sowie einigen Speichern. Die Grundflächen richteten sich nach der Truppenstärke. So benötigte eine Legion ca. 20-25 Hektar Grundfläche, ein Kohortenlager ca. l,8 Hektar, ein Alenlager ca. 3 Hektar und das Lager eines Cohors equitata ca. 1,6 Hektar. Das Flottenlager Köln-Alteburg hatte ungefähr eine Grundfläche von 5,5 Hektar. Diese Zahlen sind etwas geringer als die der Lager vergleichbarer Truppen am Obergermanischen Limes. Die Legionslager, die kurz vor oder nach 70 n.Chr. entstanden, wurden alle nach einem bestimmten Grundrißschema angelegt: den zentralen Punkt bildet das Verwaltungsgebäude (principia). Vor diesem lag das Vorderlager (praetentura) mit der Ausfallstraße (via praetoria), die zum Ausfalltor (porta praetoria) führte. Vor dem Verwaltungsgebäude wurde diese Straße rechtwinklig von der Lagerhauptstraße (via principalis), die linkes und rechtes Lagertor (porta sinistra bzw. dextra) verband, geschnitten. Im vorderen Teil des Lagers lagen meist neben Kasernen einige Wirtschaftsgebäude sowie die Unterkünfte der Stabsoffiziere. Hinter den principia durchquerte die via decumana den rückwärtigen Teil des Lagers (retentura) und führt zur porta decumana. In der retentura waren die restlichen Truppen sowie meist ein Lazarett, Unterkunft des Kommandanten und wiederum einige Wirtschafts- und Spezialgebäude untergebracht. Das ganze wurde von der Wallinnenstraße (via sagularis) umschlossen. Nach außen waren die Lager mit einer Mauer aus Stein oder aus einer Holz-Lehm-Konstruktion befestigt, die mit Türmen bestückt war. Vor der Mauer verlief in den meisten Fällen ein Doppelgraben.

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Obwohl die Legionslager am Niederrhein alle standardisiert waren, gab es doch Unterschiede zwischen ihnen. Die Lager Bonn und Neuss sind zur selben Zeit kurz nach 70 n. Chr. errichtet worden, das Legionslager Xanten-Vetera I ist ca. zehn Jahre früher entstanden. Es wurde noch in einer gemischten Holz-Stein-Bauweise erstellt, dagegen sind die beiden Lager Neuss und Bonn schon reine Steinlager. Außerdem beherbergte das Legionslager Xanten-Vetera I zwei Legionen und eine unbekannte Anzahl von Hilfstruppen.

Die Hilfstruppenlager waren ähnlich wie die Legionslager strukturiert. Im Mittelpunkt lag auch hier das Verwaltungsgebäude. Leider gibt es kein vollständig ausgegrabenes Kohorten- bzw. Alenlager am niedergermanischen Limes. Die Lager Zwammerdam und Valkenburg, von denen die Grundrisse bekannt sind, sind untypisch wie Vergleichsbeispiele vom Obergermanisch-Rätischen Limes zeigen. Auf jeden Fall brauchte ein Kohortenlager Platz für sechs Centurienbaracken, principia, praetorium (Kommandantenwohnhaus), mindestens einen Speicher und ein Lazarett. Für eine cohors equitata waren schon acht Baracken, zwei Ställe, Principia, Praetorium, mindestens ein Speicher, Lazarett und eventuell eine Schmiede (fabrica) notwendig. Ein Alenlager mit 16 Türmen (Züge) bestand aus acht Baracken, acht Ställen, Principia, Praetorium, Lazarett, mindestens einem Speicher und einer fabrica. Für ein Numeruskastell, von denen keines am niedergermanischen Limes gefunden wurde, genügten vier Baracken, Principia, Praetorium, Speicher, eventuell Ställe und eine Schmiede. Kleinkastelle mußten Platz bieten für eine Centurie bzw. für eine Halbcenturie, das bedeutet jeweils Unterkünfte für 80 bzw. 40 Mann.

Die Baracke einer Centurie war ein langgestrecktes Gebäude mit zehn Kammern (contubernia, nach contubernium, die Zeltgemeinschaft). Diese Kammern waren durch eine Wand in einen vorderen kleineren und einen hinteren größeren Raum getrennt. Im hinteren Raum standen die Betten der hier untergebrachten acht Soldaten, wahrscheinlich zweistöckig. Die vordere kleinere Kammer diente als Aufbewahrungsort für die Waffen. Der hintere Raum (papillio) war meist heizbar. Vor dem Eingang zum vorderen Raum, der Waffenkammer (arma), befand sich eine Art Veranda, hier konnten sich die Soldaten tagsüber aufhalten. Der Schlafraum war meistens 5 x 4 Meter groß, wobei die Auxiliarsoldaten etwas weniger Platz als Legionssoldaten hatten. Im Gegensatz zu den anderen limites in Britannien und auch in Obergermanien sind vom Niedergermanischen Limes nur sehr wenige Wachtürme bekannt. Diese Türme waren zur besseren Beobachtung des Limes aufgestellt, also in diesem Fall des Flußtales. Wir kennen aus dem Bereich von Remagen und Neuss je einen Wachturm. Die Grundfläche eines solchen Wachturms maß nur 4,9 x 4,9 Meter. Hier hielten sich ständig ca. vier Mann auf. Sie wurden von dem jeweiligen nächstgelegenen Auxiliarlager ausgewechselt.

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Spätantike Festungen

In der Spätantike existierten die alten kaiserzeitlichen Einheiten nicht mehr, dementsprechend mußten auch die Festungen neu konzipiert werden. Charakteristisch für diese neuen Festungen sind hohe, stark mit Türmen bewehrte Mauern, die eine kleinere Grundfläche umschlossen als die früheren Lager. Im Innenraum solcher Festungen lagen dann die Mannschaftskasernen um einen Exerzierplatz herum. Ein klassissches Beispiel für solch eine spätantike Festung bildet das Kastell Köln-Deutz. Ähnlich müssen wir uns auch die Großfestung vorstellen, die unter Konstantin I. für die Reste der 30. Legion und die einheimische Bevölkerung in Xanten errichtet worden war. Auch die Festung Haus Bürgel bei Düsseldorf wird so ausgesehen haben. Dagegen scheint es im Bereich der ehemaligen Legionsfestung Bonn so gewesen zu sein, daß die alten Innenbauten in ihrer Struktur zum Teil erhalten blieben und jetzt den Bewohnern der ehemaligen Lagervorstadt und den Resten der l. Legion als Behausung diente. Bonn war mit 27 Hektar nach Köln die größte spätantike Festung am Rhein. Typisch für die Spätantike sind kleine, stark umwehrte burgi, in denen relativ schwache Truppenverbände lagen. In solch einem burgus standen entweder einige Kasernen, oder es befand sich nur ein starker Turm innerhalb des Mauergevierts. Unklar ist die Besatzungsstruktur der spätantiken Festungen am Rhein. Es scheint fast so, als ob in den wiederaufgebauten Lagern nach 280 die Grenzeinheiten lagen. Diese Truppen waren Soldaten zweiter Ordnung, mehr Milizionären als Eliteeinheiten vergleichbar. Möglicherweise standen in den konstantinischen Neubaufestungen die besseren comi-tatensischen Einheiten. Diese spätantike Elitetruppe bestand vorwiegend aus germanischen Reitern in römischen Diensten.

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Lagerbauphasen

Obwohl die einzelnen Lager durchaus Unterschiede im Grundriß aufweisen, überwiegt doch bei den zur selben Zeit erbauten Lagern die Gemeinsamkeit. In der Frühzeit wurden am niedergermanischen Limes noch reine Offensiv- bzw. Okkupationslager erbaut. Diese Lager waren vieleckig, um so der Kreisform näher zu kommen. Sie hatten alle einen Holz-Erde-Wall mit mehreren Toren und einen davor gelagerten Doppelgraben. Die Innenbauten waren entweder in Holzfachwerk errichtet oder bestanden nur aus Zelten. Zu dieser Zeit lagen die Auxiliareinheiten meistens noch in der Nähe der Legionslager oder zusammen mit den Legionen in einem Lager.

Eine zweite Phase setzte dann Mitte des l. Jahrhunderts n. Chr. ein. Die neu errichteten Lager hatten jetzt eine rechteckige Form. Die Mauern waren zwar immer noch in Holz-Erde-Bauweise errichtet mit hölzernen Türmen und Toren, innen sind aber schon Steingebäude nachweisbar. Es handelt sich hauptsächlich um die Großbauten der Lager wie Principia, Praetorium, Stabsoffiziersgebäude etc. Die Kasernen der Soldaten waren nach wie vor Holzfachwerkgebäude. In dieser Phase der Konsolidierung der römischen Macht am Rhein wurde bei den Lagern zum Teil mehr Aufwand für die äußere Form als für die Wehrhaftigkeit getrieben. Zum Beispiel wurden im Lager Neuss die Holztürme der Tore mit Kalksteinplatten verkleidet.

Nach der Niederlage im Bataveraufstand und der Zerstörung aller Lager am niedergermanischen Limes begann in flavischer Zeit der Wiederaufbau. Diese Lager hatten eine ähnliche Form wie die der Zeit zuvor, waren allerdings jetzt vollständig in Stein errichtet. Typisch für diese Zeit ist, daß der Wall aus einer vorgeblendeten Steinmauer mit einem Erdwall (vallum) bestand. Zusätzlich wurden an neuen Standorten Holz-Erde-Lager errichtet. Wahrscheinlich wollte man abwarten, wie sich der neue Standort bewährte, ehe man auch diese Lager in Stein ausführte.

Die in flavischer Zeit neu errichteten Holz-Erde-Lager wurden Mitte des 2. Jahrhunderts in Stein erneuert. Hierbei wurde in den meisten Fällen auf eine Erdanschüttung hinter der Mauer verzichtet und der Wehrgang auf Stützpfeilern aufgelegt.

Nach der Zerstörung beim großen Germaneneinfall von 275/276 wurde ein Teil der alten Lager sofort wieder, wahrscheinlich noch unter Probus, neu errichtet. Hierbei gingen die Römer so vor, daß sie auf dem alten Umwehrungsgrundriß die neue Mauer errichteten. Sie waren jetzt alle mit Mauerzungen versehen, die den Wehrgang trugen. Diese neugebauten Festungen sind aber mit den spätantiken Festungsmauern noch nicht zu vergleichen.

Erst in konstantinischer Zeit kamen auch am niedergermanischen Limes die typisch spätantiken Festungsbauwerke auf. Die Mauern waren jetzt mit 3 Meter Breite doppelt so stark wie die kaiserzeitlichen Mauern. Konstantinische Neugründungen sind der Neubau in Xanten, die Festung Haus Bürgel und auch die Festung Köln-Deutz. Jetzt wurden auch im Hinterland einige ehemals unbefestigte Landstädte mit einer Mauer umgeben, z.B. Zülpich, Jülich und auch Aachen.

353/355 wurden die Kastelle am Niedergermanischen Limes total vernichtet. Zum Teil wurden sie danach wieder neu aufgebaut, wobei interessanterweise das ehemalige Legionslager Bonn genauso wieder hochgezogen wurde wie schon zur Zeit von Kaiser Probus, d. h., hier wurde wiederum eine Großfestung erbaut. Unklar ist, ob dies noch unter Julian oder erst unter Valentinian I. erfolgte. Die jetzt wiederaufgebauten bzw. neu errichteten Festungen bildeten die letzte Ausbauphase am Niedergermanischen Limes.

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Militärbauten außerhalb der Lager

Wie oben schon erwähnt, befanden sich in den Lagervorstädten auch häufiger Bauten des Heeres. Meist handelte es sich hierbei um aus dem Lager ausgesiedelte Militärhandwerksbetriebe. Aus Bonn liegen die Grundrißpläne von drei gleichartigen Militärgebäuden in den canabae vor. Diese Gebäude wurden sowohl von der Flotte wie von der legio I Minervia errichtet. Sie waren zum Teil mit Fußbodenheizung und Wandmalereien ausgestattet. Zu einem solchen Betrieb ist sichereine Eisenschmelzanlage aus der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts zuzurechnen. Ebenfalls in der Bonner Lagervorstadt stand ein größeres Gebäude mit einem Innenhof, auf dem mindestens zwei Statuen aufgestellt waren. Ihre Postamente wurden bei der Ausgrabung gefunden. Um diesen Innenhof lagen mehrere Reihen mit Einzelkammern, dazu gehörte auch noch eine größere Badeanlage. Möglicherweise handelt es sich hier um eine Art Gästehaus des Heeres. Ein ähnliches Gebäude lag in der Nähe des Legionslagers von Neuss. Beide können durchaus als Unterkünfte für Statthalter oder höhere Offiziere gedient haben. Wenn diese reisen mußten, wurden sie wohl nicht in der Enge eines Wirtshauses untergebracht, sondern in einem extra dafür errichteten geräumigeren Gebäude.

Wenn Legionsvexillationen außerhalb der Lagerbereiche zur Arbeit eingeteilt wurden, müßten auch dort Unterkünfte für die Soldaten errichtet worden sein. Solche Barackenunterkünfte waren vermutlich im Bereich der Kalkbrennereien bei Iversheim, bei den Steinbrüchen im Brohltal und auch am Drachenfels. Für die Legionsziegelei der legio I bei Dormagen muß auch mit solchen Unterkünften gerechnet werden.

Zu den Gebäuden, die vom Militär errichtet worden sind, gehörten auch die Straßenstationen. Hier lag die Straßenpolizei, die unter dem Kommando eines Benefiziariers stand. In Niedergermanien sind Benefiziarierposten bei Rindern, Qualburg, Birten, Moers-Asberg, Aldekerk, Wachtendonk, Wankum, Herongen, Dormagen, Jülich, Aachen, Köln, Lechenich, Zülpich, Bonn-Dottendorf, Rheder, Nettersheim, Rheinbach-Flerzheim und an der Grenze zu Obergermanien am Vinxtbach bekannt. Ausgegraben werden konnte bislang keine. Solch eine Straßenstation kann man sich wie folgt vorstellen: Eine Mauer umschloß eine geräumigere Hofanlage, die ein größeres Gebäude mit Innenhof beherbergte, sowie mehrere kleinere Gebäude. In der Nähe dürfte sich auch meist noch ein Heiligtum gefunden haben, worauf die vielen Weiheinschriften der Benefiziarier hinweisen.

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