Novaesium, alias Neuss

Germanen: Unterwegs zu höherer Zivilisation

von Hermann Ament 
I. Einleitung VII. Religion und Kultgemeinschaften
II. Wer waren diese Germanen? VIII. Landwirtschaft und Siedlungswesen
III. Die germanischen Stämme IX. Handwerk, Handel und Verkehr
IV. Der Stamm X. Bild und Schrift
V. Soziale Strukturen und Herrschaftsverhältnisse XI. Die germanische Geschichte an ihrem Ziel
VI. Tracht, Schmuck und Bewaffnung XII. Literatur

XI. DIE GERMANISCHE GESCHICHTE AN IHREM ZIEL


Die Ursprungsbedingungen des Germanentums bestimmten auch das Ziel der germanischen Geschichte. Die Germanen, die in der Konfrontation mit dem Römerreich ihre Identität gefunden hatten, richteten fortan ihr Interesse auf Teilhabe an diesem. Das geschah auf unterschiedliche Weise und mit unterschiedlicher Energie. Vielfach zielte ihr Streben nur auf materielle Güter, in deren Besitz man auf friedliche Weise gelangen konnte - durch Handel oder Geschenke - oder aber unfriedlich durch Raubzüge und Plünderungen. Dabei ging es stets auch um die Aneignung zivilisatorischer Errungenschaften, ein oft langwieriger Prozeß, wie die Beispiele von Münzgeld, Bild und Schrift gezeigt haben. In zunehmendem Maße stand ihnen der Sinn aber auch nach Beteiligung an der politischen Macht und nach Inbesitznahme römischer Territorien.

Im Einzelnen sind die von den germanischen Stämmen entwickelten Aktivitäten, sind die verfolgten politischen Ziele und dazu eingesetzten Strategien durchaus verschieden voneinander, so verschieden, daß es auf den ersten Blick sinnlos erscheinen mag, die Geschichte der Germanen in der ersten Jahrtausendhälfte nach der Zeitwende auf einen Nenner bringen zu wollen. Trotzdem läßt sich eine für alle germanischen Gruppen gleiche Grundrichtung der historischen Entwicklung ausmachen: Sie waren alle unterwegs zu einem höheren Kulturzustand, zu entwickelteren Formen der staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung, und wollten ihre barbarische Existenz hinter sich lassen. In der konkreten historischen Situation lief das auf eine permanente Auseinandersetzung mit dem Römerreich hinaus.

Germanenreiche nach 476
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Das auf geistiger, politischer und militärischer Ebene ausgetragene Ringen endete im Westen mit einem germanischen Erfolg. Während das Oströmische Reich die Germanengefahr abwehren und die angreifenden Stämme, namentlich die beiden gotischen, nach Westen abdrängen konnte, fand das Römerreich im Westen - sagen wir 476 n. Chr. - ein Ende und wurde durch Germanenstaaten auf ehemals römischem Territorium ersetzt. Das von den romanischen Völkern bewahrte Kulturerbe der Antike und die aus barbarischer Wurzel entwickelte Lebens- und Geisteswelt der germanischen Stämme gingen eine innige Verbindung ein. In die auf dieser Grundlage neu erstehende Ordnung des Mittelalters wurden nach und nach auch diejenigen germanischen Völker einbezogen, die im alten Germanien verblieben waren, in Skandinavien und in den Landstrichen zwischen Rhein und Elbe.

Damit endet die Geschichte der Germanen und beginnt die Geschichte der europäischen Nationen.

© Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2001

Verweis Völkerwanderung
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