Novaesium, alias Neuss

NGZ Online, 7. Juli 2010

Legionäre im Fitnesstest

Chriistina Heusch

Im Vorfeld der Ausstellung "Grenzenlose Gaumenfreuden – Römische Küche in einer germanischen Provinz" im Sels-Museum wurde in einem archäologischen Experiment der Kalorienverbrauch von Legionären ermittelt.

Tina Heinrich, Carl Pause, Sascha Severin und Andreas Heinen
Tina Heinrich, Carl Pause, Sascha Severin und Andreas Heinen (v.l.) haben sichtlich Spaß an dem anstrengenden Experiment. (Foto: Stefan Büntig)

Seit Samstag ist die "Tour de France" auf der großen Schleife. 9000 bis 13.000 Kalorien verbrennen die Profis im Radsattel – am Tag. Viel? Gemessen an einem normalen Menschen mit etwa 2500 Kalorien vielleicht. Aber auch nicht mehr als römische Legionäre vor 2000 Jahren auf ihren Fußmärschen verbrauchten.

Diese These stützt ein archäologisches Experiment, für das am Dienstag der Sportwissenschaftler Sascha Severin die Ausrüstung eines römischen Kriegers anlegte und sich auf einem Laufband verausgabte. Gut 30 Kilo schleppte der Mitarbeiter des städtischen Presseamtes dabei, viel mehr als Soldaten heutzutage aufgebürdet wird. Und er war sichtlich überrrascht: "Ich hätte nicht damit gerechnet, dass das tatsächlich so an der Substanz zehrt. Schwierig ist auch die Koordination mit dem ganzen Marschgepäck. Das ist sicher nicht die komfortabelste Art zu reisen."

Leistungsdiagnostik für Legionäre

Selbst schuld. Denn die Idee für diese Tour hatte er gemeinsam mit Carl Pause entwickelt. Beide fragten sich, als sie mit den Vorbereitungen für die Ausstellung "Grenzenlose Gaumenfreuden – Römische Küche in einer germanischen Provinz" beschäftigt waren: Wie viele Kalorien musste ein römischer Legionär täglich zu sich nehmen, um der Belastung der langen Märsche Stand halten zu können?

Antwort auf die Frage suchten beide bei der Firma "Leistungsdiagnostik.de" in Dormagen. Mit Tina Heinrich und Andreas Heinen entwickelten sie ein wissenschaftliches Experiment, um diesen Kalorienverbrauch nachvollziehbar zu ermitteln. Dreh- und Angelpunkt dabei: Sascha Severin, Gelegenheitslegionär.

Carl Pause hatte für ihn eine nahezu authentische Ausrüstung zusammengestellt. Einzelteile wie Wurfspieß, Schild oder Schwert wurden als Repliken angefertigt, und auch die Tunika aus Leinen wurde eigens für diesen Anlass maßgeschneidert. Historische Abbildungen dienten als Vorlage. Von ihnen stammt auch die Information, dass die Legionäre ein Halstuch trugen, um das Scheuern des Kettenhemdes zu verhindern.

Das Experiment – ein Stufentest. Severin "startete" mit vier Stundenkilometern und steigerte sich zu einem leichten Trab mit Tempo elf Stundenkilometer. Glück für ihn: Nach einer Viertelstunde war Schluss. Die Ergebnisse der Atemgasanalyse, Basis für die Ermittlung des Kalorienverbrauchs, wurden einfach hochgerechnet.

Mit Blick auf das Ergebnis geht Tina Heinrich davon aus, dass der Verbrauch für einen Tagesmarsch bei etwa 9000 bis 13000 Kalorien lag. Was wiederum Rückschlüsse auf die Ernährung eines Legionärs ermöglicht: Die muss sehr kalorienreich und vor allem reichhaltig an Kohlenhydraten gewesen sein.

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