Novaesium, alias Neuss

NGZ-Online, 21. Dezember 2006

Auf der Spur des Römer-Hafens

Dormagen. Archäologen vermuten, dass auf einem Grundstück Unter den Hecken Reste einer antiken Schiffsanlagestelle gefunden werden könnten. Die Experten sind sicher, dass es in Dormagen einen römischen Hafen gab.

Dormagen Es war ein einziger Satz in einer recht sachlichen gehaltenen Stellungnahme, der für Dormagen eine kleine Sensation bedeutet: Mitarbeiter des Rheinischen Amtes für Bodendenkmalpflege gehen davon aus, dass es am Rande der heutigen Dormagener Innenstadt in der Römerzeit einen Hafen gab.

Dass sie mit einem so kleinen Bauvorhaben für so großes Aufsehen in Dormagen sorgen würden, damit hatten die Mitarbeiter des Planungsamtes im Rathaus nicht gerechnet. Für sie war das Projekt eine logische Fortsetzung der Stadtentwicklung in den vergangenen Jahren: Eine Brachfläche - etwa so groß wie ein halbes Fußballfeld, zwischen dem kleinen Spielplatz und den grauen Wohnhäusern Unter den Hecken gelegen - soll Bauland werden, ganz einfach, weil innenstadtnahe Wohnflächen attraktiv sind.

Weil der Flächennutzungsplan geändert werden muss, wird automatisch auch das Rheinische Amt für Bodendenkmalpflege um eine Einschätzung gebeten. Und die lautet: Die Archäologen vermuten, dass in der Antike dort ein römischer Hafen gelegen haben könnte.

„Wir gehen fest davon aus, dass ein Kastell in der Größenordnung von Durnomagus, das am Rhein lag, einen Hafen gehabt haben muss“, so die klare Aussage von Martin Vollmer-König, Archäologe beim Rheinischen Amt für Bodendenkmalpflege.

„Wo dieser Hafen war, können wir jedoch nur spekulieren.“ Für das Grundstück unter den Hecken spricht, dass dort vor über 2000 Jahren der Rhein floss. Der heutige Kappesberg war eine Uferböschung. Auch die Entfernung zum Kastell war für Römer, die ans Marschieren gewöhnt waren, kein Problem - für die stationierten Reitereinheiten erst recht nicht. Außerdem war die Straßeninfrastruktur in Dormagen gut ausgebaut.

Der Hafen sei in erster Linie für die Verteidigung des Stützpunktes wichtig gewesen, betont der Archäologe. „Der Rhein war die Grenzlinie - und diese musste überwacht und geschützt werden“, so Vollmer-König. Sehr schnell seien die Häfen an vergleichbar großen Kastellen jedoch auch für die Anlieferung von Baustoffen und den Handel mit Alltagsgütern genutzt wurden. „Wahrscheinlich wird es rund um die Hafenanlage entsprechende Zivilsiedlungen gegeben haben“, vermutet der Experte von Rheinischen Amt für Bodendenkmalpflege.

Gerade schwere und sperriger Güter wie Bausteine für Gebäude, wie es sie in Dormagen in der Römerzeit gab, seien mit einem Schiff auf dem Wasserweg deutlich komfortabler zu transportieren gewesen als mit einem Ochsenkarren. Denkbar sei aber auch, dass die Römer beispielsweise ihre Weinlieferungen vom Oberrheindirekt auf ein Schiff verladen ließen und flussabwärts bis Dormagen transportierten. „Bei Baggerarbeiten im alten Kiesbett des Rheins in Xanten sind sehr gut erhaltene römische Amphoren gefunden worden, die teilweise sogar noch verschlossen waren“, berichtet Martin Vollmer-König.

„Die einzige Erklärung ist, dass sie von einem Schiff in den Rhein gefallen sind, und das spricht ganz klar für den Transport von Alltagsgütern auf dem Wasserweg.“ Schließlich habe der Handel in römischer Zeit Züge erreicht, die durchaus mit modernen Maßstäben zu vergleichen seien.

Das neue Baugrundstück Unter den Hecken ist nicht der einzige mögliche Standort für den römischen Hafen. „Genau genommen, haben wir keine Ahnung, wo die Anlegestelle war, wir können nur Flächen benennen, die in Frage kommen - und dazu zählt eben dieses Areal“, sagt Vollmer-König.

Genauso gut möglich sei, dass dort ein altes Gräberfeld der römischen Soldaten entdeckt werde. Im Westen der Fläche seien bereits bei früheren Untersuchungen menschliche Knochen gefunden worden, die auf einen antiken Friedhof schließen lassen. „Die Größe und Ausdehnung dieses Gräberfeldes ist jedoch nicht bekannt, deshalb wissen wir nicht, ob es bis an das ehemalige Flussbett heran reichtet“, so der Denkmalpfleger.

Sobald die Stadt einen Bebauungsplan für die Fläche aufgestellt hat, wollen die Archäologen erste Stichproben-Grabungen machen.

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