NGZ-Online, 12. April 2002

Per Maus-Click ins Lager

Koenen-Lager wird als Computersimulation rekonstruiert

KaTse

Insgesamt vierhundert Jahre besiedelten römische Truppen vor zwei Jahrtausenden das Rheinland. Eines der größten Truppenlager entdeckte der Archäologe Constantin Koenen Ende des 19. Jahrhunderts in Gnadental. Umfangreich dokumentierte er Größe und Bebauung der aufgefundenen Fundamente für die Nachwelt, bevor das Gelände Ende der 50er Jahre überbaut wurde.

Simulation des Koenen-Lagers

Zwischen 45 und 95 nach Christus lebten in dem nach seinem Entdecker benannten Koenen-Lager zeitweise bis zu 6000 römische Soldaten. Mit Varus-Schlacht, dem Aufstand der Bataver, immer wieder auch Überfällen der Franken gab es für die am Rhein stationierten Soldaten bisweilen alle Hände voll zu tun. Zwischen den Einsätzen an der Barabarenfront aber erlebten die Römer auch lange Friedenszeiten, in denen Handel, Infrastruktur und Kultur im Soldatenlager aufblühten.

Wie das umfangreiche Lager aussah, das rekonstruiert ein hochkarätiges Archäologenteam derzeit so realistisch wie möglich am Computer: Spezialisten für römische Archäologie sind Jens Hock und Dieter Rothacher. Gemeinsam mit Dr. Carl Pause vom Clemens-Sels-Museum und dem Rheinischen Amt für Bodendenkmalpflege erarbeiten sie eine detailreiche virtuelle archäologische Rekonstruktion auf der Basis neuester Forschungsergebnisse, die in dem geplanten Umfang bundesweit ein Novum sein wird. "Es gibt keine vergleichbaren Vorläufer in dieser Größenordnung", erklärt Dieter Rothacher.

Ab dem 23. Mai wird das Ergebnis als Projektion auf einer Großleinwand im Clemens-Sels-Museum im Rahmen des Neusser Beitrags zur Euroga, der Ausstellung "Krieg verzehrt - Friede ernährt" zu sehen sein. Per Maus-Click kann man dann das virtuelle Lager durch das Nordtor betreten, über die Hauptstraße zum Innenhof des Hauptgebäudes flanieren, Innenräume des Lagers besichtigen und durch die engen Gassen zwischen den großen Kasernenblöcken spazieren. Was für manche Besucher ein interessanter Ausflug in die Vergangenheit ist, dahinter verbirgt sich monatelange Recherchearbeit und aufwändige Umsetzung der Ergebnisse am Computer: "Waren die Fenster eckig oder rund, war das Dach mit Ziegeln oder Stroh gedeckt und welchen Neigungswinkel hatte es?" nennt Pause nur einige der tückischen Detailprobleme, die bei der Umsetzung zu klären waren.

"Dicke und Umfang der Fundamente lassen auf die Höhe und Bauweise der Gebäude schließen", fährt Pause fort. Auch die Frage, mit welchen Baustoffen die römischen Legionäre ihre Steinhäuser bauten, sei in jedem Lagerbereich neu zu klären. Viel größer als bislang angenommen und gewiss mehrstöckig sind die Häuser übrigens nach neuester Erkenntnis damals schon gewesen. Dass zwischen den gesicherten Fakten und der Lager-Simulation mancher Abstand bleibt, den Hypothesen füllen müssen, mindert keineswegs den wissenschaftlichen Stellenwert als Meilenstein der virtuellen Rekonstruktion keineswegs. Bis zum Sommer und noch vor dem Ende der Ausstellung am 18. August soll die Simulation als CD-Rom erscheinen und wird im Clemens-Sels-Museum erhältlich sein.

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