NGZ-Online, 7. August 2001

Paten für alte Schätzchen gesucht

Clemens-Sels-Museum

Jutta Saum

Was macht ein Museum mit einem Stuhl, der - in seine Einzelteile zerlegt - im Depot schlummert. Oder mit einem Bild, bei dem sich die Farbe vom Holzgrund zu lösen beginnt? Restaurieren! Klar, aber was ist, wenn die zur Verfügung stehenden Geldmittel nicht für die Instandsetzung reichen?

Restaurieringsbedürftige Exponate
Museumsleiterin Dr. Christiane Zangs will Paten für die Restaurierung von Exponaten gewinnen. In den Kellern des Clemens-Sels-Museums schlummern Kostbarkeiten, die der Restaurierung bedürfen. Doch dafür fehlt das Geld.

Dann stellt man halt die restaurierungs-bedürftigen Stücke aus, dachte sich das Clemens-Sels-Museum, und sucht damit für die einzelnen Exponate Paten, die die Restaurierungskosten übernehmen. So kann der Besucher ab Donnerstag in den Räumen des Obertores Gemälde, Grafiken, Textilien, archäologische Fundstücke, Waffen, Plastiken, Möbel, Porzellan und vieles mehr unter einem ganz neuen Gesichtspunkt entdecken.

Natürlich geht es dabei nicht darum, defekte oder beschädigte Stücke zu zeigen, sondern den Vorgang des Restaurierens transparent zu machen. Daher sind in der Ausstellung nicht nur Objekte zu sehen, die auf eine Aufarbeitung warten, sondern auch solche, die sie bereits hinter sich haben. Anhand von Fotos, die den früheren Zustand des jeweiligen Werkes dokumentieren, kann der Betrachter nachvollziehen, was die Restauratoren geleistet haben.

Gerade das Clemens-Sels-Museum, dessen Bestand aus verschiedenen Privatsammlungen, Schenkungen und Nachlässen erwachsen ist, hat damit zu kämpfen, dass viele Objekte vor dem Eintreffen im Museum nicht sachgemäß gelagert worden sind. So wurde etwa ein Stollenschrank aus dem 19. Jahrhundert erst entdeckt, als der Umbau des Zeughauses im vollem Gange war.

Der feine Baustaub hatte sich bis in kleinste Ritzen und Poren vorgearbeitet. Der Schrank konnte nur durch eine aufwendige Prozedur, bei der ein Restaurator mit einer Zahnbürste vorsichtig speziellen Radierstaub aufbrachte, der dann gemeinsam mit dem Baustaub abgesaugt wurde, bewahrt werden.

Auch frühere Restaurierungen, bei denen unvorsichtig gearbeitet wurde, können zum Problem werden. So biegt sich etwa bei einem Kinderbildnis eines Meisters aus der Kölner Schule, das anlässlich der Ausstellung "Menschenskinder" vor nicht allzu langer Zeit überarbeitet worden war, bereits wieder der Holzgrund. Modernste Techniken und Chemikalien werden bei der Restaurierung eingesetzt, aber sehr hilfreich ist es auch, möglichst viel über das Stück und seinen Hersteller zu wissen.

Alle Exponate sind daher nicht nur mit einem Schadensbericht und Kostenvoranschlag versehen, der interessierte Betrachter erfährt auch etwas über ihre Geschichte, und die hat meist etwas mit der Stadt Neuss zu tun. Beim Rundgang trifft man dann beispielsweise auf ein Klavier des Neusser Klavierbauers Caspar Faller; auf vier Stühle aus dem Neusser Rathaus, auf denen zahlreiche Schützenkönige gekrönt wurden; auf Waffen, mit denen Belagerungen abgewiegelt wurden; auf einen Toramantel der jüdischen Gemeinde, und nicht zuletzt auf einen der ersten Kühlschränke, der noch mit Eisblöcken, die man für sechs Pfennig das Kilo beim Eiskeller holen musste, befüllt werden konnte.

Neben zahlreichen kunsthistorisch bedeutenden Objekten, wie etwa einem seltenen Frühwerk von Walter Ophey, das dringend einer Duplierung bedarf, kommen auch Kuriositäten zum Vorschein und bleiben Rätsel offen - etwa, ob die "antike" Terracottabüste nun 100 oder 2.500 Jahre auf dem Buckel hat. Die Ausstellung im Clemens-Sels-Museum unter dem Titel "Schlummerde Schätze" ist ab 9. August bis 30. September (außer montags) täglich von 11 bis 17 Uhr (donnerstags bis 20 Uhr) geöffnet.

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