NGZ-Online, 22. November 2000

Archäologe auch Meister des Wortes

Dr. Hugo Borger wird 75 Jahre alt

Max Tauch

Sein Name ist mit der Erforschung der römischen und frühmittelalterlichen Neusser Stadtgeschichte unverrückbar verbunden: Hugo Borger. Donnerstag wird der engagierte Archäologe, Hochschullehrer und ehemalige Generaldirektor der Kölner Museen 75 Jahre alt. Wer sich mit der Neusser Stifts- und Münstergeschichte, mit den Anfängen der mittelalterlichen Stadt Neuss und darüber hinaus generell mit rheinischer Kultur- und Geistesgeschichte befasst, kommt an dem Namen Borger nicht vorbei.

Als Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre Veränderungen im Neusser Münster anstanden, galt es, die Chance zur Erforschung der frühchristlichen Besiedlung zu nutzen. Die jungen und begeisterungsfähigen Archäologen aus Bonn, die damals Neuss "eroberten" und in einer Bretterbude auf dem Münsterplatz ihre Funde dokumentierten, wurden rasch zum Stadtgespräch. Das Interesse an den Ausgrabungen war groß, und als Borger ein Zwischenergebnis im Zeughaus vorlegte, fasste der Raum kaum die zahlreichen Interessenten.

Erhebliche Förderung fand die Tätigkeit Borgers und seiner Kollegen und Mitarbeiter durch den damaligen Kulturdezernenten Walter Paul. Obwohl dieser bei den Neussern eher als Förderer und Protektor der auf hohem Niveau agierenden Zeughauskonzerte im Bewusstsein blieb, versagte er doch nicht seine Unterstützung den archäologischen Untersuchungen. Die seinerzeit begonnene wissenschaftliche Reihe "Novaesium" verhalf Neuss zu internationalem Rang in der Archäologie.

Paul war es auch, der - unterstützt von Irmgard Feldhaus - durchsetzte, dass wichtige Funde in Neuss verblieben und die entstandenen Kriegsverluste mehr als ausgeglichen wurden. 1963 gelang Hugo Borger durch die Aufdeckung merowingischer Gräber an der Nordseite des Münsterplatzes der Nachweis, dass das antike Novaesium in der nachrömischen Zeit weiter bestand und das Gräberfeld an St. Quirin weiter benutzt wurde.

Bisher hatte man fränkische Gräber der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts nördlich von Köln nur in Krefeld-Gellep lokalisieren können. Ein anderes wichtiges Ergebnis seiner Grabungen war die Erkenntnis, dass Meister Wolbero von Anfang an die Dreikonchenanlage mitplante. 1965 legte Hugo Borger seine Erkenntnisse im Beiheft der Bonner Jahrbücher vor. Ein Auszug daraus wurde im Neusser Jahrbuch veröffentlicht. Zu dieser Zeit war der in Düsseldorf geborene und in Krefeld aufgewachsene Wissenschaftler, der nach Kriegsdienst und Gefangenschaft an den Universitäten Köln und Bonn Archäologie studiert hatte, Referent am Rheinischen Landesmuseum Bonn.

1972 wurde der Direktor des Römisch-Germanischen Museums in Köln. Das Haus befand sich in der Aufbauphase, und Hugo Borger entwickelte das Konzept für seine Gestaltung. Das Ergebnis begeisterte und katapultierte das am Roncalliplatz 1973 eröffnete Museum mit einem Schlag an die Spitze der Kölner Institute. Borger hatte seine Präsentation an der Warenhaus-Ideologie orientiert, das heißt an der Hervorhebung des Objektes, auch in seiner Menge. Das Ergebnis war verblüffend.

Ebenso erfolgreich war die mit der Eröffnung des Museums zugleich erscheinende erste "Kölner Römer-Illustrierte". Borger, ein Meister des Wortes, verstand es, komplizierte Zusammenhänge verständlich darzulegen, ohne dazu geschraubte Formulierungen zu benutzen. Das der Ideologie des Marxismus entsprungene Unwort "Exponat" wäre ihm nie in den Sinn gekommen. Auch kannte er, nachdem im Jahr 1974 das Römisch-Germanische Museum und das Kölnische Stadtmuseum unter seiner Leitung als "Historische Museen der Stadt Köln" zusammengeführt worden waren, keine "Kuratoren", sondern "nur" Kollegen und Mitarbeiter.

Sie gedenken seiner am 75. Geburtstag ebenso gern wie die zahlreichen Zuschauer seiner beliebten Fernsehreihe "Abglanz des Himmels". In ihr brachte Hugo Borger in unerreichter Weise die Schönheit romanischer und gotischer Kirchenarchitektur allen, die sich dem rheinischen Kulturerbe verpflichtet fühlen, näher.

[ Fenster schließen ]