Badische Zeitung, 21. Juli 2000

"Götter, Menschen, Tiere - Römische Bronzen vom Rhein": Eine Ausstellung im Freiburger Museum für Ur- und Frühgeschichte

Herkules am Tischbein, Bacchus als Gewicht

Hans-Dieter Fronz

Kaarst.

Von Fischern wurde die Statue aus dem Rhein gezogen: ziemlich gut erhalten, nur der rechte Unterarm, der Sockel, Teile des Kranzes und die eingelegten Augen fehlten. Als Darstellung des Bacchus oder Bonus Eventus wurde die lebensgroße Bronzefigur eines Knaben lange gewertet, heute aber gibt die Fachwelt Amor, dem griechischen Eros, den Vorzug: Zwar ist die Figur flügellos, dafür trägt sie Scheitelzopf und einen Kranz aus Früchten und Blumen - typische Merkmale des "losen Knaben". Mit ausgebreiteten Armen schreitet sie einher, einer jener "stummen Diener", die in römischen Villen als Lychnouchoi einen Leuchter oder, wie in diesem Fall, ein Tablett trugen.
Wohl aus claudischer Zeit, also der Mitte des ersten Jahrhunderts stammend, könnte die Statue zum Mobiliar des Speisezimmers eines reichen Offiziers gehört haben. Eine Kopie ist jetzt in der Ausstellung "Götter, Menschen, Tiere" im Freiburger Museum für Ur- und Frühgeschichte zu sehen - und es ist nicht die einzige Amor-Darstellung der Schau. Auch als Eros Loeb, als fackeltragender Knabe mit silbernen Augen sowie in Gestalt fingergroßer Statuetten, nämlich als spiegelhaltender, kindlicher Begleiter der Venus oder beladen mit Keule und Fell des Herkules, ist der neckische kleine Gott in den Vitrinen zugegen.

An die 80 römische Bronzefiguren, in der Mehrzahl Leihgaben des Rheinischen Landesmuseums Bonn, treten zu einem kleinen Pantheon zusammen. Nicht nur Amor ist vertreten - auch der Götterbote Merkur. An Hut und Schuhen hat er Flügel, in der Rechten hält der Schutzgott der Reisenden, Händler und Diebe einen Helm mit Federbusch, und auch Minerva wurde behelmt (und mit Lanze) dargestellt. Die Laren, Schützer von Haus und Grundstücksgrenzen, treten in Tunika und Stiefeln auf. Manchmal halten sie, wie die Glücksgöttin Fortuna, ein Füllhorn in der Hand. Viktoria, die geflügelte Siegesgöttin, steht auf einer Weltkugel.

Natürlich fehlt auch der Göttervater nicht. Nackt ist Jupiter mit einem Blitzbündel in der Hand, als Weltenherrscher im Mantel dagegen mit Kranz und Zepter dargestellt. Auch die in der Eifel gefundene Haarkalotte und das Blitzbündel einer kolossalen Statue des Gottes werden gezeigt.

Ein Beleg für den religiösen Synkretismus der Antike ist es, wenn dem Gott als Jupiter Ammon die Widderhörner des ägyptischen Schöpfergottes aufgesetzt oder als Jupiter Dolichenus Mütze, Schwert und Doppelaxt des Wetter- und Sturmgottes einer syrischen Stadt beigegeben sind. Ebenso weisen die beiden Fortuna-Figuren mit Isis-Krone und der Apisstier, eine Verkörperung des ägyptischen Fruchtbarkeitsgottes, auf das Nilland.

Die Mehrzahl der Exponate stammt vom Mittel- und Niederrhein. Wurden Bronzefiguren im republikanischen Rom des zweiten vorchristlichen Jahrhunderts noch in die ewige Stadt importiert und zählten zu den Luxusgütern, so fanden sie mit der wirtschaftlichen Blüte der Kaiserzeit weite Verbreitung. Bald gab es Werkstätten nicht nur in Rom selbst, sondern auch in den Provinzen. Unzählige Kopien der häufig stark typisierten Götterdarstellungen wurden dort im Wachsausschmelzverfahren hergestellt.

Diese Figuren zeugen von der starken Präsenz der Götter und der Religion im täglichen Leben. Sie waren freundliche Begleiter des Menschen, dienten seinem Schutz und Wohlergehen oder veranschaulichten elementare Lebensmächte. Selbst eingebunden in funktionale Zusammenhänge - Herkules als Tischbeindekor, eine Mänade als Möbelaufsatz oder Bacchus als Laufgewicht an einer Schnellwaage - waren sie wohl niemals bloßer Zierrat oder Nutzgegenstand, sondern eine Art figürliche Brücke des menschlichen Daseins zur Transzendenz.

Museum für Ur- und Frühgeschichte, Rotteckring 5, Freiburg. Bis 7. Januar, Dienstag bis Sonntag 10 bis 17 Uhr.

[ Fenster schließen ]