NGZ-Online, 6. Juni 2000

"Von der Steinzeit bis zum Mittelalter": Ausstellung im Historia mit Pilgerhorn, Schildbuckel und Zunderdose

Die Römer forderten ihr Glück im Spiel heraus

barni

Kaarst. Im Museumsrestaurant "Historia" sind etliche neue Exponate zu bewundern. Einige der Funde stammen aus dem Kreis Neuss. Viele Ausstellungsstücke zeigen, dass die Vorfahren ganz schön "Zunder gegeben" haben. Außerdem sind Utensilien zu sehen, die von einer Schwäche der alten Römer "erzählen", der Spielsucht nämlich.

Hildegard Burri-Bayer mit Exponaten des Museumsrestaurants Historia
Hildegard Burri-Bayer zeigt jetzt im Museumsrestaurant Historia eine Ausstellung mit Fundstücken von der Steinzeit bis zum Mittelalter: Zwischen Zunderdose, Feuerstählen, Schildbuckel, Pilgerhorn und römischem Reise-Würfelbecher können die Besucher allerhand historische Kuriositäten entdecken.
NGZ-Foto: L. Berns

Am Pfingstsonntag, 11. Juni, um 12 Uhr wird übrigens eine neue Ausstellung eröffnet, die die Polizei im Wandel der Zeit präsentiert. Wer hat noch Töne? Das Pilgerhorn aus dem 15. Jahrhundert - es wurde im Kreis Neuss gefunden - lässt sich fünf verschiedene Töne entlocken. Es sieht aus wie aus Holz geschnitzt, besteht aber aus Keramik. Aus dem 6. Jahrhundert stammt der Schildbuckel aus Eisen - den alten Franken diente er als Handschutz beim Kampf. Ochsen mussten damals schwer schuften - als kleine "Arbeits-Erleichterung" bekamen sie Hufeisen.

Sie sind im Historia ebenso zu sehen wie eine spitz zulaufende Ledersohle aus dem 12./13. Jahrhundert. Was die Besucher "anmachen" wird: die Feuerstähle - die besonders große Ausführung diente im 16. Jahrhundert dazu, eine Kanone zu zünden. Kleine Exemplare sind zum Teil mit Motiven wie einem Hund dekoriert. Die Zunderdose - der Zunderschwamm wächst auch heute noch auf Buchen und Birken - war ein unentbehrlicher Begleiter, als es noch keine Streichhölzer gab. Und der Zunder, der sich weich wie Wildleder anfühlt und auch so aussieht, wurde noch bis vor 100 Jahren in Apotheken aufgrund seiner Blut stillenden und wundheilenden Wirkung als Pflaster verkauft.

Zum Feuer gibt es am 10. September eine Themenausstellung. Ganze 27 Millionen Jahre alt ist die Versteinerung von Schiffsbohrwürmern, die so manchen Kahn unerwartet schnell porös gemacht hatten. Der 150.000 Jahre alte Mammutknochen sieht wie ein dicker Ast aus. Der Stabwürfel aus Elfenbein hat sich den Ruhestand hinter Glas sicher redlich verdient, galten doch die Römer als besonders spielwütig. Der handliche Reise-Würfelbecher, den man um den Hals hängen konnte, machte es möglich, überall sein Glück beim Spiel herauszufordern - kein Wunder, dass der römische Senat zum Schutze seiner Bürger das Spiel nur noch an wenigen Feiertagen erlaubte.

Zu sehen ist auch die Replik eines Würfelturmes. Das Original ist weltweit ein Einzelstück. In einer anderen Vitrine sind römische Spielsteine zu bewundern - sie bestehen aus Glas, Bronze, Horn, Bein und Marmor. Weitere interessante Exponate sind eiserne Steigbügel aus 1.000 Jahren - sie gab es bei den Römern noch nicht. Außerdem ist eine römische Schnellwaage zu sehen, ebenso wie ein römischer Zirkel aus dem 1. Jahrhundert nach Christus. Burgschlüssel aus dem 16. Jahrhundert zeigen, dass das Sicherheitsbedürfnis der Menschen nicht erst seit kurzem besteht.

Etwas, worauf sich die Kinder freuen können: In den Sommerferien wird Dr. Michael Gechter, Leiter des Amtes für Bodendenkmalpflege, mit ihnen einen römischen Backofen bauen. Nach ein paar Tagen gemeinsamer Arbeit kann dann wie einst bei den alten Römern frisches Fladenbrot gebacken werden.

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