Novaesium, alias Neuss

Die Entwicklung des Frankenreiches
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Franken, lateinisch Franci, ein germanischer Stammesverband, gebildet durch den Zusammenschluß verschiedener, zumeist am unteren und mittleren Rhein siedelnder Kleinstämme, wie Chamaven, Chattuarier, Brukterer, Ampsivarier, Usipeter, Tubanten, Chasuarier u.a. Erstmals historisch faßbar zwischen 257 und 260, als fränkische Gruppen, auch zur See, wiederholt nach Gallien vordrangen. Die Vorstöße dauerten bis zum Beginn des 4. Jhs. an und richteten links des Rheins gewaltige Zerstörungen an. Teile des fränkischen Teilstammes der Salier (salische Franken) vom Niederrhein setzten sich um die Mitte des 4. Jhs. in Toxandrien (Nordbrabant) als Bundesgenossen (foederati) Roms fest. Ferner dienten Franken nach 360 als Söldner im römischen Heer und wurden zahlreich in Nordfrankreich und Belgien angesiedelt. Im römischen Provinzialgebiet zwischen Lüttich und Tournai kam es im 4./5. Jh. zu einer kontinuierlichen Siedlung salischer Franken, die unter der Herrschaft von Kleinkönigen aus der Dynastie der Merowinger standen. Zur gleichen Zeit wohnten sog. Rhein-Franken (fälschlich Ripuarier, da der Name erst seit dem 8. Jh. bezeugt ist) am Niederrhein mit Fürstensitz in Köln. Ihnen schlossen sich u.a. elbgermanische Stammesteile an.

Bis zu Childerich I. (gest. 482) als Föderaten Roms dienend, waren salische Franken wesentlich an dem Vorstoß nach Nordgallien (Ende 5. Jh.) beteiligt, der den Grund zur Bildung des Fränkischen Reiches unter Chlodwig I. (gest. 511) legte. Mit dessen Übernahme des katholischen Christentums begann um 500 die Christianisierung. Erst nach der Vereinigung der einzelnen fränkischen Herrschaften zum Fränkischen Reich und der Unterwerfung von Alemannen, Thüringern, Hessen und Bajuwaren breitete sich die fränkische Reichskultur in rechtsrheinischem Gebiet aus.

Die seit dem 7./8. Jh. verstärkt einsetzende fränkische Kolonisation (Pfalzen, Klöster) in Süd-Deutschland ließ für die Lande am Main den Namen »Ost-Franken« (»Main-Franken«) aufkommen. Seit etwa 1200 gilt der Franken-Name nur noch für dieses Gebiet.

Die Franken wohnten als Viehzüchter und Ackerbauern mehrheitlich kleineren, weilerartigen ländlichen Siedlungen nahe Bachläufen. Ihre zweischiffigen Häuser in Fachwerktechnik nebst Speichern und Grubenhäusern wurden mit dem Fortgang der Siedlung und in Nord-Gallien gebaut, wo bis dahin die Steinbauweise herrschte. Keramik- und Glasproduktion der Franken führten vielfach spätrömische Traditionen fort. Zum fränkischen Frauenschmuck gehörten Bügel- und Kleinfibelpaare, Zierscheiben, Amulette, Armbänder und Haarnadeln. Zur Männertracht sind Gürtel mit großen prunkvollen Schnallen und Teilen des Wehrgehänges zu rechnen. Die Bewaffnung bestand aus Lang- und Kurzschwert, Lanze, Streitaxt (Franziska) und Schild. Mit dem fränkischen Kunsthandwerk gelangte auch die typisch germanische Tierornamentik bis nach Nord-Frankreich. Eine eigenständige fränkische Münzprägung, vor allem von Goldmünzen, setzte Mitte des 6. Jhs. ein.

Eine einheitliche fränkische Mundart gibt es nicht. Der räumlichen Weite fränkischer Eroberung und Siedlung entspricht die Gliederung in viele Mundartgruppen. Die heutige französisch-deutsche und französisch-flämische Sprachgrenze ist das Ergebnis einer Rückbildung des germanischen Spachelements in Gallien (Reromanisierung), eines Ausgleichsvorgangs, in dem sich die zahlenmäßige Unterlegenheit der fränkischen Eroberer gegenüber der gallorömischen Bevölkerung widerspiegelt.

Quelle: H. Brunner - K. Fessel - F. Hiller (Hrsg.), Lexikon Alte Kulturen 2 (1993) 19 s.v. Franken.

Literatur:

  • Ewig, E.: Die Merowinger und das Frankenreich, 4. Aufl. (Stuttgart u.a. 2001).
  • Geary, P.: Die Merowinger. Europa vor Karl dem Großen (München 1996).
  • Hartmann, M.: Aufbruch ins Mittelalter. Die Zeit der Merowinger (Darmstadt 2003).
  • Kaiser, R.: Das römische Erbe und das Merowingerreich, Enzyklopädie Deutscher Geschichte 26, 2. Aufl. (München 2004).
  • Pirling, R.: Römer und Franken am Niederrhein (Mainz 1986).
  • Pohl, W.: Die Germanen, Enzyklopädie Deutscher Geschichte 57 (München 2000).
  • Schneider, R.: Das Frankenreich, Oldenbourg Grundriß der Geschichte 5, 4. Aufl. (München 2001).
  • Schulze, H. K.: Vom Reich der Franken zum Land der Deutschen. Merowinger und Karolinger, Neuausg. (Berlin 1994).
  • Siegmund, F.: Merowingerzeit am Niederrhein. Die frühmittelalterlichen Funde aus dem Regierungsbezirk Düsseldorf und dem Kreis Heinsberg, Rheinische Ausgrabungen 34 (Köln 1998).
  • Ders.: Alemannen und Franken, Ergänzungsbände zum Reallexikon der germanischen Altertumskunde. 23 (Berlin 2000).
  • Wieczorek, A. u.a. (Hrsg.): Die Franken - Wegbereiter Europas, 2 Bde., Ausstellungs-Katalog Reiß-Museum Mannheim (Mainz 1996).

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